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Autor Thema: Falsche Studienwahl  (Gelesen 102 mal)
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Leonora
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« am: September 21, 2011, 18:16:00 »

Hallo liebe AD(H)Sler,

ich bin ganz neu hier- habe gerade erst die Diagnose ADS erhalten. Endlich habe ich eine Erklärung dafür, dass ich so bin, wie ich bin.
Das ist wirklich ein beruhigendes Gefühl! Endlich mal weiß ich, warum ich anders bin. Ich bin nicht absichtlich schusselig und vergesslich und nein- ich mache Dinge nicht "mit Absicht" falsch und muss mich "einfach mal konzentrieren/ zusammenreißen"!

Meine ganz aktuelles Problem bezieht sich auf mein BWL-Studium. Dabei muss ich kurz meine Vorgeschichte erzählen: Ich war bis zur Mittelstufe eine 5er Schülerin. Dann habe ich vom Gymnasium auf die Hauptschule gewechselt und mich über etliche Zwischenstufen bis aufs Gymnasium zurückgekämpft und mein Abi mit 1,x gemacht. Ich habe mir "antrainiert" zu Lernen und Strategien entwickelt, wie ich mir in meinen kurzen aufmerksamen Phasen Wissen reinprügeln kann. Meine besten Fächer waren Kunst, Deutsch und Ethik. Hassfach Nr. 1 Mathe- dicht gefolgt von BWL. Als es dann an die Studienfachwahl ging, habe ich mich entschieden "etwas vernünftiges" zu mache und BWL zu studieren. Rückblickend betrachtet hat das Gefühl, es allen zeigen zu wollen, meine Entscheidung diesbezüglich beeinflusst.
Nun ist es so, dass ich mein Studium wirklich hasse (starkes Wort, aber es ist nunmal so). Ich dachte, ich müsste nur das Studium überstehen und könnte dann einen interessanten Job finden, wenn ich nur gut genug bin. Ich habe wieder einen 1,x Schnitt, was mir zu Praktikas in renommierten Unternehmen verhalf. Und da zeigte sich das volle Ausmaß meiner, nun sagen wir, Besonderheit: Nach 2-3 Stunden konnte ich nichtsmehr leisten, ich machte unglaublich viele Fehler, ich kann nur telefonieren, wenn ich alleine bin, an arbeiten in einem Großraumbüro ist nicht zu denken... Ich war komplett überfordert! Das ging überall so- auch bei einem Werkstudentenjob. Mittlerweile weiß ich, dass Büroarbeit für mich der blanke Horror ist-ich kann es einfach nicht!
Da fragt sich nur, was man nun mit einem BWL-Studium anfängt, wenn man nicht gut mit Zahlen kann, mit Bürojobs nicht klarkommt und auch nichts "vertreiben" kann.
Ich würde auch einen Master dranhängen, wenn es da etwas halbwegs ADS-freundliches gäbe! Müsste halt mit einem Bachelor BWL machbar sein (und am Besten möglichst wenig mit BWL zu tun haben 

Vielen Dank fürs Lesen und danke auch schonmal für Tipps!

Viele Grüße Leonora
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Natiole
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« Antworten #1 am: September 21, 2011, 18:51:51 »

Hallo Leonora

ich bin beindruckt, wie du Sachen die dir schwergefallen sind durchgezogen hast. Abi erkämpft, BWL Zensuren. Dieses Maß an effektiver Nutzung deiner Lernfähigkeiten habe ich selten kennen gelernt.

Anderseits dir dann ausgerechnet BWL anzutuen, obwohl du das hast, das musste ich auch erstmal schlucken.

Die von dir beschriebenen Schwierigkeiten habe ich auch zu kämpfen. Allerdings habe ich mein Studium gemocht (Sozialarbeit/Sozialpädagogik). Genau wegen dieser Schwierigkeiten habe ich schon länger Schwierigkeiten in meinem Berufsbereich trotz meines guten Abschlusses Fuß zu fassen. Allerdings würde ich auch Büroarbeit differenzieren. Büroarbeit ist für mich nicht gleich Büroarbeit. Solange ich in Ruhe in einem Raum arbeiten kann und Deadlines klar sind und nicht dauerend unterbrochen werde, kann ich Resultate liefern. Ich weiß, verbreitet ist eher die von die von dir beschriebene Form von Büroarbeit. Was für ich allerdings eher bedeutet, dass ich halt genauer Suchen muss, um meine "Marktnische" zu finden.

Verständlich, dass du einen Master suchst, der möglichst "ADHS-Freundlich" ist. Allerdings würde ich auch andere Optionen in Betracht ziehen. Damit meine ich konkret, z.B. dich vorzubereiten, nach dem Bacholor eventuell eine ganz andere Richtung zu gehen. Soweit ich das mitgekriegt habe, scheint BWL sehr offen zu sein für viele mögliche berufliche Richtungen. Praktika sind wirklich ein guter Weg das zu überprüfen. Hast du eventuell überlegt bei NGOs bzw. Wohlfahrtsverbänden Praktika zu machen? Die sind meiner Erfahrung nach recht durchlässig in verschiedenste Richtungen.

Vielleicht könnte ja etwas in Bereich der Lehre, auch bei Volkshochschulen oder Weiterbildungsträgern etwas für dich sein? Ich mache grad gute Erfahrungen damit. Habe genug Zeit um mich auf den Unterricht vorzubereiten und ich Spule dann mein Programm während ich unterrichte ab und kann immer noch flexibel reagieren, wenn Zwischenfragen kommen usw. Außerdem ist von Vorteil, dass im Unterricht nur diese Aufgabe läuft, keine Telefonanrufe, keine Mails, auf die man reagieren soll usw.

Was die MasterStudiengänge angeht, so kann ich mal eine Freundin von mir Fragen, die grad ihren BWL-Abschluss gemacht hat.

MfG

Natiole     
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yvo
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« Antworten #2 am: September 21, 2011, 18:57:51 »

Hallo Leonora! :winken:

Hmm ich versteh dich nur zu gut... Hab selbst Sprachwissenschaft studiert - und Geschichte und Soziologie - und relativ schnell erkannt, dass ich das Falsche mache, habs aber ignoriert und wurde daraufhin sehr krank.... (schwere Depressionen)
Vor 1 Jahr hab ich das Ganze dann abgebrochen und bereue diese Entscheidung nicht - obwohl es kurz vor Ende war und ich schon ganze 12 Semester hinter mir hatte.... (Magister) - ich war quasi so gut wie fertig, stand kurz vor den Abschlussprüfungen, habe aber einfach nicht eingesehn, dass ich noch mehr Zeit und Kraft in etwas investiere, das einfach nichts für mich ist, das mich unglücklich und sogar krank macht...

Wenn ich dich richtig verstehe, hast du deinen Bachelor so gut wie in der Tasche? - Ich würde mich mal beim Arbeitsamt informieren (Abteilung für Studierende), sowie in den Fakultäten und bei der Studienberatung, was man damit alles machen kann - du brauchst nicht zwangsläufig im BWL-Bereich zu bleiben.
Aber dann noch nen Master dranzuhängen.... Weiß nicht. - Wenn du was anderweitig 'Master-mäßiges' machen möchtest, würde ich direkt bei der Uni nachfragen, was da machbar ist - und ob außer BWL überhaupt was machbar ist...


Viel Glück wünsch ich dir - und vor allem viel Kraft...


LG, yvo
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Leonora
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« Antworten #3 am: September 21, 2011, 19:07:56 »

Hallo Natiole,

vielen Dank für deine schnelle Antwort!

Das Lernen geschieht bei mir im stillen Kämmerlein und ich kann mir die Zeit frei einteile - nur so klappt das. Ich habe mein Studium bisher durchgezogen, weil ich es mir selbst eingebrockt habe. Ich war nicht mutig genug um etwas zu machen, was mich wirklich interessiert und nachher keinen Job zu finden. Leider bin ich da etwas pessimistisch.

Die "Marktnische" von der du sprichst würde ich auch gerne finden! Aber ich stelle es mir ziemlich demotivierend vor, zig Praktikas zu machen. Wie konntest du dich motivieren immer weiter zu suchen?

Volkshochschullehrer klingt wirklich spannend - wie bist du dazu gekommen? Muss man dafür gewisse pädagogische Qualifikationen vorweisen oder kann man sich da einfach bewerben?

Viele Grüße

Leonora
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Leonora
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« Antworten #4 am: September 21, 2011, 19:20:38 »

Hallo yvo,

das war wirklich eine mutige Entscheidung, ein Studium abzubrechen, das dir soviel Kraft geraubt hat! Es ist schön, dass es dir wieder besser geht! Ich hoffe, dass du dann das richtige gefunden hast, oder noch finden wirst!

Ich brauche noch zwei Semester. Das Studium werde ich beenden, koste es was es wolle! Mein schlechtes Gewissen würde nichts anderes zulassen. Diesbezüglich bin ich ein wenig seltsam... Ich halte einfach noch solange durch und versuche mich dann umzuorientieren.

Mit der Agentur für Arbeit habe ich keine allzuguten Erfahrungen - bei einem obligatorischen Besuch der Schule wurde mir geraten,ich solle doch Bürokauffrau werden, das wäre etwas sicheres... aber vielleicht sollte ich da wirklich mal hin- ich wusste nicht, dass es dort Berater für Studenten gibt.

Viele Grüße

Leonora
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yvo
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« Antworten #5 am: September 21, 2011, 19:34:27 »

Huhu!

Das Studium werde ich beenden, koste es was es wolle! Mein schlechtes Gewissen würde nichts anderes zulassen. Diesbezüglich bin ich ein wenig seltsam... Ich halte einfach noch solange durch und versuche mich dann umzuorientieren.

Das habe ich auch über Jahre hinweg gesagt... Bis ich absolut am Boden lag und mir fast das Leben genommen hätte.... (Hab neben dem Studium auch immer gearbeitet, bin jeden Tag gependelt - hatte bis zu 20-Stunden-Tage....) - "Koste es was es wolle!" - Jaja... Das war auch mein Motto icon_rolleyes - Hinterher war ich allerdings schlauer und hätte mir im Nachhinein viel Leid ersparen können....

Mit der Agentur für Arbeit habe ich keine allzuguten Erfahrungen - bei einem obligatorischen Besuch der Schule wurde mir geraten,ich solle doch Bürokauffrau werden, das wäre etwas sicheres... aber vielleicht sollte ich da wirklich mal hin- ich wusste nicht, dass es dort Berater für Studenten gibt.

Jap, das wusste ich damals auch nicht - aber die sind echt gut. Das sind keine normalen Berater, die haben selbst auch studiert und wissen wovon sie sprechen... - außerdem haben sie meist gute Kontakte zu den Unis!

Ein Besuch lohnt auf jedenfall - hast ja nix zu verlieren :smt023:

(Den normalen Beratern steh ich übrigens auch skeptisch gegenüber )


LG, yvo
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Farah
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« Antworten #6 am: September 21, 2011, 19:42:47 »

Hallo Leonora,

es gibt auch bei BWL Spezialisierungsmöglichkeiten - allerdings leider meist erst ab dem Materstudium. Zum Beispiel Touristik, Logistik, Controlling (okay, das wohl eher nicht für Dich   ), Steuerlehre (mein Favorit - unendlich abwechslungsreich), oder Marketing und Vertrieb - als Vertriebler im Außendienst hättest Du kein Großraumbüro und viel Kontakt zu verschiedenen Menschen. Mit Sicherheit gibt es so etwas wie Kulturmanagement, Eventmanagement.

Und es gibt auch Unternehmen ganz ohne Großraumbüro - kleine Mittelständler eben.

Die Frage ist also, ob Dich "nur" die Arbeitsbedingungen so stören (wofür Du mein vollstes Verständnis hast  :ja: ) - oder ob der Bereich Wirtschaft generell nicht Deinen Interessen entspricht.

Bei den Arbeitsbedingungen können Absprachen wie Gleitzeit helfen - da arbeitet man eben, wenn sonst keiner mehr im Büro sitzt. Gegen die Schusselfehler hilft mir eine ganz klare Struktur, für jede Arbeit einen bestimmten, immer gleichen Ablauf, den man im Kopf oder auf Papier als Checkliste abhaken kann. Pausen muss man auch wirklich machen - ein Spaziergang wirkt oft Wunder.

Und zuguterletzt - hast Du schonmal an Medikamente gedacht? Mir helfen sie sehr.

Alle dieseTipps sind aber nur dann sinnvoll, wenn Dich Deine Arbeit auch interessiert. Wenn nicht - wechsle lieber Dein Studienfach.

Liebe Grüße
Farah  :winken:

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Krätzchen
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« Antworten #7 am: September 21, 2011, 22:18:36 »

Hallo!

Hättest Du denn (finanziell, familiär) die Möglichkeit, nach dem Studienabschluss einfach noch einen anderen Bachelor dranzuhängen? Was hätte Dich denn interessiert?

Falls  Du eher der Typ für den sicheren Weg bist - Du könntest auch neben dem Job ein Fernstudium machen (die Fernuni Hagen hat da einiges), allerdings dauert das natürlich länger als wenn Du in Vollzeit studieren kannst.

Hast Du Dich schonmal nach einem nicht-konsekutiven Master umgeschaut?

Und hast Du mit Deiner Diagnose irgendwelche Hilfestellungen bekommen, Therapie, Selbsthilfegruppe, Medikationsvorschläge o.ä.?

Viele Grüße,
Krätzchen
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Oben ist unten und hässlich ist schön.
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Eine Chaosprinzessin


« Antworten #8 am: Gestern um 09:41:46 »

Hallo leonora,

Ich finde, wenn du es schaffst doch zu ende zu machen, gibt es noch ein vorteil: du hast ein diplom und es öffnet dich auch türen... Damit diese zeit am büffeln nicht umsonst ist.

Aber nur wenn du die kraft dazu hast... Während diese zeit kannst du auch msl dich informieren was es spannend gibt zu lernen und dich auch mit deine ADS befassen.

Danach kannst du immer in ein andere richtung etwas dazu lernen. Was du jetzt lernst kann dich immer noch irgendwo nützen.

Vielleicht kannst du aus was du jetzt lernt und was dich wirklich interessiert verbinden?

Da das leben und der arbeitswelt sehr antregend sein kann für ADSler, finde ich dass wir uns nicht noch alles schwierig machen sollen mit sachen die uns nicht liegen und nicht gefallen.

Ich habe auch der falsche beruf gelernt und später gemerkt. Damit ist auch nicht gegangen... Naja, dann ist auch mit einiges anders auch nicht gegangen...

Aber es ist gut dass du jetzt merkt dass du auf der falsche weg ist und es ist einfacher früh zu wechseln als später.

lg
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So geht es mir beim Rebound oder nach einem langen Stadtbummel
Impatiens parviflora
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« Antworten #9 am: Gestern um 10:34:53 »

Hallo,

ich studiere (derzeit noch) Agrarwissenschaften. Dieses Studium beinhaltet zu 1/3 BWL und VWL. Es gibt einen Masterstudiengang in Agrarökonomie. Den macht meine Schwägerin gerade. Dadurch, das es viel Praxisbezug gibt, kommt man auch viel rum in den einzelnen Unternehmen und in der freien Natur. Es ist also kein reiner Schreibtischjob, wenn man es nicht möchte...Soweit ich weiß gibt es auch einen Master in Umweltökonomie. Evtl. müsstest Du Teile des Bachelorstudiums nachmachen um dafür zugelassen zu werden, aber das kann Dir nur die Uni sagen.

Es gibt auch noch die Möglichkeit einen "Berufsbildungsbachelor" zu machen. Für mich mit fast abgeschlossenem Agrarstudium würde das heißen, ich müsste noch zehn Module (1Jahr) + Bachelorarbeit im Fachbereich Pädagogik machen und dürfte dann den entsprechenden Master machen. Alle "Kernmodule" aus Deinem Ausgangsfach werden auf jeden Fall anerkannt.

Spannend fand ich auch den "Master of Desaster"  den es in AAchen geben soll. Heißt eigendlich Desastermanagement und ist in der Entwicklungszusammenarbeit angesiedelt. Beschäftigt sich mit Nothilfe nach Naturkathastrophen. Den können wohl alle machen (Ärzte, Umweltleute, BWLer, Agrarler, Ingenieure, etc.) Ich würde ihn aber eher unter "kurioses" sehen. Ist aber wohl wichtig, das es dafür Leute gibt.   

Wünsche viel Erfolg bei Deiner Umorientierung.

Viele Grüße
Gespeichert
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